„Marvel-Neustart“ im Januar: Vier Spider-Männer und ein Einhorn

Reboots sind im Superhelden-Genre gang und gäbe – diesmal zieh ich’s durch und lese absolut alles, was unter dem aktuellen Label „Marvel Neustart“ veröffentlicht wird. Für die folgenden Zusammenfassungen nehme ich die Perspektive eines Comic-Einsteigers ein, denn für diese sind solche Reboots ja angeblich gedacht …

Peter Parker – Der spektakuläre Spider-Man #1

Neustart: Das verspricht einen einsteigerfreundlichen Comic, in dem dem geneigten Leser die Figuren doch zumindest kurz erklärt werden – wenn man nicht sogar in den Luxus einer ordentlichen Origin-Story kommt. Aber Pustekuchen: Hier geht’s direkt volles Pfund ins Gemüse: Spider-Man macht ne Zeitreise; kämpft gegen den grünen Goblin; hat ne Freundin (Gwen Stacy); diskutiert mit seinem Vergangenheits-Ich und verbreitet allgemeine Verwirrung für jeden, der kein Marvel-Wiki in Griffweite hat. Und ohne Scheiß: Dieser Comic hat auf fast jeder Seite eine Fußnote á la „Um diesen Satz zu verstehen, siehe Heft soundso vom letzten oder vorletzten Neustart!“
Oh, und in exakt einem Panel haut Ms. Marvel einem Schurken eins um die Ohren, ohne auch nur ein einziges Mal vorher oder nachher wieder erwähnt zu werden.

Spider-Man #1

Spider-Man hat ne Freundin (Mary-Jane); hat scheinbar bei seiner Abschlussarbeit geschummelt; wohnt jetzt mit Boomerang zusammen; Mysterio wird von irgendwas freigesprochen und so ’ne komische Echse ist jetzt Lehrer an Spideys Uni.

Dabei ist im Prinzip alles soweit ganz töffte, bis auf eines: Wie passt das alles mit dem Peter-Parker-Buch zusammen? Zeitsprünge? Schon das erste Paralleluniversum? Das wird ja alles noch spaßig …

Avengers #1

Vor Jahrmillionen haben die Steinzeit-Avengers riesige Weltraumriesen, die echt riesig sind, getötet; und in der Gegenwart tauchen plötzlich wieder welche auf. Die Avengers sind überfordert, aber guter Dinge.

Deadpool #1

Deadpool will wieder ein böseres Image haben und verwämst einen Haufen Rocker. Nackt mit einem Plüscheinhorn über’m Lümmel. Cable legt sich mit ’ner krassen Braut von den Externals an. Als er gerade denkt, er hat sie besiegt, holt sie ihre Kollegen.

Thor #1

Thor verkloppt Leute, weil ihm keiner glaubt, dass er’s noch drauf hat. Dann heiraten welche und Thanos taucht auf und macht einen auf dicke Hose. Zwischendurch reden alle unverständliches Zeug und Loki muss helfen, obwohl ihn keiner mag.

Tony-Stark – Iron Man #1

Tony hat sich selbst wieder zusammengebaut, nach dem er bei irgendeinem vorherigen Reboot des Marvel-Universums offenbar kaputt gegangen ist. Dann greift auch direkt ein riesiger Drache auf, woher der kommt oder was er will, interessiert aber keinen. Wichtiger ist, dass Tonys Roboter-Kollegin gerne menschlicher sein möchte, ein Bösewicht Menschen mit einer gehackten Dating-App manipuliert und Tonys Bruder kopflose Kühe (im wörtliche Sinn!) in Zaum hält.

Spider-Man #2

Die Echse ist „die Echse“, also noch ein Superbösewicht. Der aber eigentlich kein Bösewicht mehr ist, sondern eben jetzt Dozent. Und dann passiert plötzlich tatsächlich mal was Krasses: Ein zweiter Spider-Man taucht auf, und Peter erfährt, dass bei einem Unfall im Labor der Uni seine zwei Persönlichkeiten Spidey und Peter voneinander getrennt wurden. Und jetzt hat er Schiss, dass er (Peter) ihn (Spidey) nicht mehr unter Kontrolle hat. Stärke und Verantwortung, das Ding halt wieder. Aber ganz ehrlich: Eigentlich geht’s ihm darum, dass Spidey ihm seine Freundin ausspannen könnte.

Avengers #2

Das Motto der Avengers heißt „Sammeln!“ Und deshalb passiert in diesem Heft auch nix, außer, dass immer mehr Helden zusammenkommen, um was gegen die Celestials zu tun. Wobei viel rumdiskutiert wird, weil sich nicht alle leiden können, und manche gar keine Avengers sein wollen. Aktuelle Aufstellung: Captain America, Thor (kurzhaarig), Iron Man, Black Panther, Doctor Strange, Captain Marvel, Ghost Rider, She-Hulk. Und als Strippenzieher auf der Gegenseite: Loki.

Fazit:

Wenn das Ziel war, Unwissenden einen Einstieg in die wunderbare Welt der Marvel-Comics zu bieten, würde ich sagen: Grandios verkackt. Mit normalen Mitteln kann man einem Außenstehenden jedenfalls nicht vermitteln, warum es in den Serien zwar fast keine Vorstellung der Figuren, Erklärungen der Vorgeschichte und so weiter gibt, wohl aber schon jetzt vier verschiedene Spider-Männer und ungefähr anderthalb Dutzend Bösewichte. Trotzdem: Vor allem Spider-Man (die Heftserie), Deadpool und Iron Man haben einen guten „Start“ hingelegt. Wobei der Start etwa einem Wurf ins kalte Wasser entspricht. Aus einem Flugzeug. Während man schläft.

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