Zweieinhalb Nerds – Der Bochumer Comic-Podcast #3

Heute probieren wir’s mal mit etwas völlig neuem: Einem richtigen Konzept! Markus, Dennis und Sari reden über Comics, die auf Videogames basieren – Dark Souls, Sekiro, Zelda, Witcher und mehr. Außerdem taucht Markus ab die verrückte Welt des Club Nintendo-Magazins und seiner schrägen Comics. Kirby meets Hellraiser? Alles ist möglich!

Zweieinhalb Nerds – Der Bochumer Comic-Podcast #2

Fünf Wochen Corona, Ladenschließung, Kontaktverbot – da hat sich nicht viel getan in der Welt der Comics. Was macht man da? Natürlich spielt man „Animal Crossing – New Horizons“. Daher ist diese Folge, in der es nur um Nintendos Waschbär-Kapitalismus-Simulation eher ein kleines Special, auf das wir nach mehreren Wochen auf unseren Inseln einfach Lust hatten. Beim nächsten Mal gibt’s wieder Comics!

Zweieinhalb Nerds – Der Bochumer Comic-Podcast #1

Kurz vor dem Ausbruch der Zombie-Apokalyp… äh, Corona-Pandemie kamen wir zum zweiten mal zusammen, um – jetzt aber richtig und vernünftig und mit ein bisschen Plan von der Sache – eine zweite Podcast-Folge aufzunehmen.

Mit der ersten waren wir nicht ganz glücklich, also wurde die kurzerhand zum „Prequel“ degradiert. Und in dieser ersten „richtigen“ Folge nehmen wir uns zwei aktuelle Veröffentlichungen aus DCs Unterwelt vor: den Black-Label-Comic „Harleen“ und (anlässlich der Blu-ray-Veröffentlichung) Todd Phillips „Joker“.

Außerdem kommen wir noch auf Lovecrafts Cthulhu-Mythos zu sprechen, und erklären Dennis, warum man manchmal seine Frisur ändert.

Zweieinhalb Nerds – Der Bochumer Comic-Podcast #0

Willkommen zur ersten, nein, allerersten Ausgabe von „Zweieinhalb Nerds“, dem Bochumer Comic-Podcast mit Markus, Sari und Dennis. Also … unserem ersten Versuch, unserem Prototypen – klapperig wie Tony Starks erster Anzug, von vielen verlacht, aber hey – wenn man damit aus der Höhle der Terroristen fliehen kann, lachen wir ja wohl als letzte!

Ähem. In dieser Ausgabe geht es unter anderem um die Frage, wann ein Spoiler ein Spoiler ist, und wie es wohl wäre, mit Keanu Reeves zusammen zu sein. Und Markus macht das, was er am besten kann, und empfiehlt einen traurigen Comic – der Mann hat echt ein Händchen für Downer.

Forever Love, oder: Der Kater aus dem Handtuchschrank

Im November 2019 ist mein Kater Hide gestorben, einst benannt nach dem Gitarristen der Heavy-Metal-Band X Japan. Ich habe hier schon ein Jahr zuvor vom Tod seines Bruder Kafka erzählt, doch bei Hide habe ich es monatelang nicht geschafft, mich zusammenzureißen, und auch auf ihn einen angemessenen Nachruf zu schreiben.

Warum? Kafka und Hide waren ein ein Team wie Micky und Goofy, wie Pinky und Brain, wie Batman und Robin. Während Kafka mit seiner weisen, ernsten Ausstrahlung es mir leicht machte, schöne, traurige Worte zu finden, wusste ich nicht, wie ich mit dem Tod meines immer fröhlichen, gemütlichen, naiven und zu Albernheiten neigenden Hide umgehen sollte. Es erschien mir unpassend, große Worte zu nutzen, doch für drollige Anekdoten aus seinem beschaulichen Katzenleben war der Schmerz wiederum zu frisch.

Einmal, vor vielen Jahren, saß ich in der Badewanne, als Hide hereinkam. Ich hatte ungewollt die Tür aufgelassen, und aufgrund meiner Lage konnte ich ihn nicht rausscheuchen. Er ließ sich von mir auch gar nicht beirren, sondern tappte zum Schrank mit den Handtüchern – einem dieser abschließbaren Metallschränke, bei denen man den Schlüssel steckenlässt. Hide, dieser moppelige Kater, der meistens einen eher naiven Eindruck machte, biss kurzerhand in den Schlüssel, drehte den Kopf, und schloss auf. Dann kletterte er in den Schrank, machte es sich auf den frischen Handtüchern gemütlich, und als ob das nicht schon überraschend und beeindruckend genug war, zog er die Metalltür von innen mit der Pfote zu. Nie zuvor hat mich eine Katze in so fassungsloses Erstaunen versetzt.

Hide war ein lustiger Kater. Manchmal stolperte er über seine eigenen Pfoten, kullerte schlafend vom Bett oder Sofa, oder rannte seinen Bruder um. Und genau den liebte er über alles, ich glaube, es ist kein Zufall, dass Hide ab dem Zeitpunkt, da Kafka tot war, körperlich ebenfalls langsam, aber sichtbar abbaute. Ein paar Herz- und Schilddrüsenprobleme hatte er ohnehin, und trotz guter Pflege und teurer Medikamente wurde aus dem fröhlichen Dickerchen nach und nach ein ruhiger, pflegebedürftiger, melancholischer Kater, dessen Anblick mir mehr als nur einmal einen Stich versetzte. Bis zum letzten Tag, als seine Organe versagten, war er liebevoll und kuschelig, schlief immer an meiner Seite neben meinem Kopfkissen und schnurrte mich freundlich an.

Seit Hide tot ist, treibt mich der Gedanke um, ihm und meinen anderen Katzen ein Denkmal zu setzen. Ich bin kein Künstler, und daher habe ich noch keine Ahnung, wie ich das bewerkstelligen soll, was beispielsweise Current 93, Samsas Traum oder Makoto Kobayashi geschafft haben. Doch irgendwann, irgendwie werden Hide und die anderen unsterblich werden. Irgendeine Idee werde ich irgendwann haben.

Bis dahin gedenke ich dem lieben, kleinen Kater Hide, der fünfzehn Jahre lang an meiner Seite war. Wenig in meinem Leben hat soviel Freude und Fröhlichkeit verbreitet wie er.

Konzerttherapie

Ich war in diesem Jahr auf dreizehn Konzerten – also mehr als einem pro Monat. Das ist nichts besonderes – ich habe Freunde, die schaffen locker das fünffache im Jahr. Dennoch sind diese dreizehn Konzerte für mich etwas besonderes – denn es sind mehr als alle, die ich in meinem gesamten Leben zuvor besucht habe. Und das hat einen Grund.

Musik war zwar nie mein größtes und wichtigstes Hobby, aber doch etwas, was eine große Rolle in meinem Leben einnimmt. Was jedoch auch einen großen Teil in meinem Leben eingenommen hat, war eine toxische Beziehung zu einer Frau, die mich über zehn Jahre fast vollständig kontrolliert hat. Erst mit einigen Jahren Abstand habe ich erkennen können, wie sehr sie mir geschadet hat – geholfen haben dabei nicht nur Therapien, sondern eben auch die Musik meiner Lieblingsbands.

ASP in der Historischen Stadthalle Wuppertal

Besagte Partnerin hielt nicht viel davon, mit mir oft und gemeinsam etwas zu unternehmen – und ich, in meiner Jugend durch starkes Mobbing vorgeprägt und fast ohne soziale Kontakte außerhalb der Beziehung, hatte keinen Antrieb, auf eigene Faust oder mit eigenen Freunden auszugehen. Und wenn wir uns dann doch mal auf ein Konzert einigen konnte – ein paar Mal waren wir bei den Bands Samsas Traum und ASP, die ich auch heute noch zu meinen Favoriten zähle, dann nicht ohne Schuldzuweisungen, wie anstrengend es sei; wie unverschämt mein Wunsch, sich für das Konzert schick zu machen sei; und dass wir ganz sicher nicht auch noch hinterher etwas trinken gehen würden oder ähnliches. Kurzum: Konzertbesuche wurden eines von vielen Dingen, die ich mir in der Beziehung zwar wünschte, doch WENN dieser Wunsch dann tatsächlich einmal erfüllt wurde, dann wurde mir gleichzeitig ein schlechtes Gewissen eingeredet, so dass ich nichts davon vollauf genießen konnte.

Samsas Traum in der Matrix Bochum

Zwei Jahre nach der traumatischen Trennung war ich zum ersten Mal ohne meine Ex auf einem Konzert. Alleine, denn ich hatte noch keine Freunde, die meinen Musikgeschmack teilten. Als Samsas Traum an diesem Abend eines meiner Lieblingslieder spielten (in dem es meiner Auffassung nach übrigens um krankhafte Eifersucht und Kontrollzwang geht), hatte ich so etwas wie eine Erleuchtung. Ich stand hier, schwelgte in „meiner“ Musik, headbangte zu härteren Stücken, sang mit, und anstatt zu bedauern, dass niemand diesen Moment mit mir teilte, wurde mir klar, dass erstmals auch niemand da war, der mir vorschrieb, was ich zu tun hätte, der mich für das „alberne“ Hüpfen und Mitgröhlen kritisierte und sich darüber lustig machte, wenn ich die Hände zur Heavy-Metal-Pommesgabel erhob. Ich war frei, und das hatte ich in diesem Moment erstmals verstanden.

Es dauerte trotzdem noch Jahre, bis ich Anfang 2019 beschloss, dass ich endlich mehr unter die Leute müsse und mir selbst das Ziel setzte, jeden Monat ein Konzert zu besuchen (oder eben zumindest zwölf im gesamten Jahr). Ich wollte nicht mehr nur zu „meinen“ Bands, sondern auch einfach mal zu irgendwelchen, die ich nicht kannte. Einfach, um Freunde zu treffen (die ich inzwischen gefunden hatte) und vielleicht endlich meine Angst vor größeren Zusammenkünften zu überwinden. Nebenbei hoffte ich ja auch seit Jahren darauf, irgendwann noch eine neue Partnerin zu finden, und Konzerte dieser Art erschienen mir als sinnvoll, um zumindest meinen Freundes-/Bekanntenkreis auszuweiten. Letzteres hat sogar geklappt – das mit der Partnersuche bisher leider noch nicht.

Welle: Erdball, Rroyce, Hertzinfarkt und Kid Knorke gemeinsam in der Turbinenhalle Oberhausen

Zwei der Konzerte stachen letztlich besonders heraus: Samsas Traum im Frühjahr, wo ich die Gelegenheit erhielt, mich backstage umzuschauen; und Welle: Erdball im Herbst. Letzteres hauptsächlich deshalb, weil meine Ex mir diese Band damals regelrecht verboten hatte, weil sie selbst elektronische Musik nicht mochte. Der Besuch dieses Konzertes fühlte sich daher für mich auch ein Stück weit so an, als habe ich ein alten Fehler endlich korrigiert. Und abgesehen davon war es ein verdammt spaßiger Abend – und das erste Konzert, in dessen Rahmen ich es tatsächlich geschafft habe, mit einer sympathischen, enorm attraktiven und mir völlig unbekannten Frau ins Gespräch zu kommen – wenn auch nur per Instagram am Tag darauf, und ohne weitere Folgen. Für jemanden wie mich war auch das eine enorme Überwindung – und ich bin froh darüber, mich selbst in diesem Jahr so oft überwunden zu haben.

„Es muss immer weiter geh’n – Musik als Träger von Ideen!“ (Kraftwerk, „Techno Pop„)

Konzertliste:
18.01.: Brainstorm (mit Mob Rules und Gloryful)
01.02.: L’Âme Immortelle (mit Versus und Dunkelsucht)
15.02.: Ghost (mit Candlemass)
22.02.: Gaahls Wyrd (mit Tribulation und Uada)
06.04.: Samsas Traum (mit Exfeind und This Eternal Decay)
23.04.: Lacrimosa (mit Kartagon)
27.04.: ASP (mit The Little Big Men)
21.09.: Hallig
19.10.: Khthoniik Cerviiks (beim Mini-Festival Odyssey To Blasphemy)
26.10.: Perturbator (mit The Algorithm)
08.11.: Welle: Erdball (mit Kid Knorke, Hertzinfarkt und Rroyce)
22.11.: Mayhem (mit Gaahls Wyrd, Gost und Attic)
23.11.: Cold Revenge (beim Mini-Festival Metal For Mercy)

Rezension: „Es – Kapitel Zwei“

Am Ende geht es immer um Schmerz, Angst, Traumata. Die Dinge, die wir hinter uns gelassen, aber nie ganz verarbeitet haben. Die Monster, die uns Böses angetan haben, und dabei freundlich lächelten. Menschen, keine bösen Fantasiegestalten.

Das Wesen, dass der Club der Verlierer nur „Es“ nennt, ist eine übernatürliche Kreatur, die sich von Angst ernährt. Im Kontext des Romans und seiner Verfilmungen ist „Es […] der dunkle, unzugängliche Teil unserer Persönlichkeit; […] und das meiste davon hat negativen Charakter, lässt sich nur als Gegensatz zum Ich beschreiben. Wir nähern uns dem Es mit Vergleichen, nennen es ein Chaos, einen Kessel voll brodelnder Erregungen.“ Es würde mich wundern, wenn Stephen King bei der Konzeption seines auch in Bezug auf die Seitenzahl monströsen Romans nicht auch an das Strukturmodell der Psyche von Sigmund Freud (oben zitiert nach Wikipedia aus Neue Folge der Vorlesungen) gedacht hätte. Nun möchte ich mich nicht in psychoanalytischen Betrachtungsweisen verheddern – dafür fehlt mir schlicht der Sachverstand. Es fällt jedoch schwer, Freud auch nur oberflächlich zu lesen, ohne offenkundige Parallelen zu Pennywise, dem tanzenden Clown zu entdecken.

Doch wo Pennywise je nach Betrachtungsweise ein psychologisches Konstrukt oder einfach nur ein imposantes Film-Monster ist, offenbart sich der wahre Horror in der Realität, in jenen Dingen, von denen wir wissen, dass sie Tag um Tag da draußen geschehen. Ein Mann wird aus purem Schwulenhass brutal zusammengeschlagen und zum Sterben im Fluss zurückgelassen. Kinder verprügeln und beleidigen einander, Hautfarben, Religionen, Geschlecht und Gender werden zur vorgeschobenen Begründung, warum dieser oder jene in der Nahrungskette der Gesellschaft oben oder unten verortet wird.

Die sieben Kinder, die sich Club der Verlierer nennen, sind im zweiten Teil der modernen Neuverfilmung von Es erwachsen geworden. Sechs von ihnen haben ihre Heimatstadt verlassen und vergessen, und sind erfolgreich geworden. Da ist ein Model und ein Anwalt. Ben, der dicke, unbeholfene Ben, ist ein attraktiver Star-Architekt geworden, der stark an Robert Downey Jrs.s Figur Tony Stark aus Iron Man erinnert. Richie, das Schandmaul mit den Penis- und Deine-Mutter-Witzen, ist ein beliebter Comedy-Star. Und doch sind die Narben der Kindheit noch da – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Was King in seinem Roman geschickt vermischt – nämlich die beiden Zeitebenen der Kinder und der Erwachsenen, muss für die Struktur als Film-Zweiteiler einem etwas lineareren Aufbau weichen. In Teil 1 erfuhr man vor zwei Jahren, wie die Kinder Es fast besiegt hätten, und ihm entkommen sind. Kapitel 2 erzählt nun, was ihnen 27 Jahre später widerfährt, als sie aufgefordert werden, ihrem Schwur Folge zu leisten, und an den Ursprung ihrer verdrängten Ängste zurückzukehren.

Es ist eine Freude, die zwei mal sieben Schauspieler in den Rollen der (Ex-)Außenseiter zu sehen. Schon die Kinder (darunter Finn Wolfhard aus Stranger Things) wussten zu begeistern, und ihre erwachsenen Pendants sind faszinierend anzusehen, so ähnlich sind sie den Kindern sowohl in ihrem Äußeren als auch in Verhalten, Mimik und Gestik. Die Illusion, dass dies ein und dieselben Personen sind – man kauft sie dem Film sofort ab. Die Kinder indes sind – mit aufwendigen Computertricks digital verjüngt – in einigen neuen Rückblenden zu sehen. Indem sich die Charaktere im zweiten Teil nun an weitere Kindheitserlebnisse erinnern, die im ersten Teil gar nicht zu sehen waren, wird zudem wenigstens ein bisschen an die ursprüngliche Romanstruktur mit ihren spielerischen Übergängen zwischen den Zeitebenen erinnert.

Sechs der sieben Verlierer. V.l.n.r.: Richie, Beverly, Bill, Eddie, Mike, Ben.

Etwa ab der Hälfte jedoch beginnt der Film, mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Verlierer müssen sich aufteilen und jeder für sich ein Artefakt aus ihrer Vergangenheit finden. Einen alten Liebesbrief, ein altes Spielzeug oder der gleichen. Eine episodische Erzählweise folgt, die zwar einige der stärksten Szenen beherbergt, und im Roman maßgeblich für die Ausgestaltung der Charaktere ist, in der Verfilmung jedoch streckenweise zäh wird. Dass Ben sein Artefakt als einziger nicht suchen muss, weil er es seit 27 Jahren in der Geldbörse verwahrt, wirkt fast, als hätten auch die Filmemacher versucht, diese Passage irgendwie doch noch zu beschleunigen. Während Beverlys Rückkehr in ihre alte Wohnung und das Treffen mit dem als alte Frau getarnten Monster (bekannt aus dem Trailer) noch beeindruckt, schleicht sich danach der Eindruck ein, dass Es auch als Netflix-Serie hätte funktionieren können – teilweise vielleicht besser.

Zumal, der massiven Laufzeit von fast drei Stunden zum Trotz, viele Elemente der Vorlage fehlen. Speziell die jeweiligen Ehepartner von Bill (eine Schauspielerin) und Beverly (ein sie missbrauchender Gewalttäter) haben im Roman grundlegende Bedeutung bis hin zum großen Finale, während sie hier zur Staffage reduziert wurden – eine Kritik, die ich beim ersten Teil schon in Bezug auf die Figur des Patrick Hockstetter geäußert habe.

Und dann das große Finale: Der Kampf gegen die eigene Angst, ein „Kampf der Willenskraft“. Die Metaphorik ist nicht schwer zu entschlüsseln: Es fällt leicht zu verstehen, dass die Verlierer mit dem geifernden Monster vor allem die Dämonen ihrer Kindheit bekämpfen. Letztlich ist es das Mantra „Es ist nur ein Clown! Nur ein lächerlicher Clown!“, das ihnen den Sieg bringt – keine magische Waffe, kein göttlicher Beistand.

Für die Filmemacher ein Spagat: Während der Roman abstrakte Bilder heraufbeschwört vom haltlos durchs Weltall trudelnden Bill, der sich mit Maturin, der alten Schildkröte gegen den Millionen Jahre alten Weltenverschlinger stellt (nebenbei: „Maturin“ – kann man noch offensichtlicher machen, was hier passiert?), bemüht die alte Verfilmung von 1990 einen Kampf gegen eine jämmerlich mit praktischen Filmtricks zusammengeschusterter Riesenspinne, die seit vielen Jahren für die meisten King-Fans ein Quell der Lächerlichkeit und der Hauptgrund für die eher ablehnende Haltung jener Verfilmung gegenüber ist. Nebenbei: Die Audiokommentare des alten Films enthüllen zumindest, dass auch die Macher das Vieh eher peinlich fanden.

In Es – Kapitel 2 wird der große Endkampf leider auch zu einem eher hollywood‘esken Spektakel, in dem der eigentliche Kern des Bannrituals nur eine untergeordnete Rolle spielt. In aller Fairness: Eine wirklich dem Roman gerecht werdende Visualisierung wäre sicherlich derart abstrakt geworden, dass ein Großteil des Publikums rebelliert hätte. Kennt jemand die Anime-Serie Neon Genesis Evangelion? Deren Ende ist eine ganz fantastische bildliche Umsetzung von Selbstüberwindung und psychischen Erkenntnisprozessen, wie sie auch Vorbild für Es hätten sein können – wurde jedoch von den meisten Zuschauern kritisiert, die eben lieber kämpfende Riesenroboter sehen wollten.

Zwei weitere kontroverse Aspekte sollen nicht unerwähnt bleiben: Richie wird zum Schluss als schwul offenbart. Eigentlich eine schöne Sache, die einige Verhaltensweisen von Richie klarer macht (beispielsweise zögert er in Teil 1 bei der Frage, wovor er am meisten Angst habe etwas – nun weiß man, dass er damals seinen Freunden nicht seine wahre Angst offenbarte). Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass Thema stärker in die Handlung zumindest des erwachsenen Richie einzubinden. So bleibt es bei einer rührenden Geste ganz am Ende des Films.

Zum anderen wäre da noch der Humor: Es – Kapitel 2 ist zu witzig. Und das liegt gar nicht so sehr an den vielen markanten Sprüchen und Witzen. Es geht hier um pubertierende Teenager einerseits, und um Erwachsene, die unmittelbar mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert werden und in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Eine steter Fluss an Pimmel-Witzen und dergleichen ist da vorprogrammiert und durchaus erstmal okay – wird irgendwann aber einfach zu viel. Auch dass Pennywise (der allerdings deutlich seltener in der reinen Clownsgestalt auftaucht als im ersten Film) seine eigenen, verqueren Witze macht – geschenkt. Warum die Filmemacher jedoch an sich ernste Szenen wie etwa den Kampf zwischen Eddie und dem Leprakranken mit lustiger Musik zu einem billigen Lacher machen und regelrechte Slapstick-Szenen (Drücken, nicht ziehen!) einbauen mussten, erschließt sich beim besten Willen nicht.

Zwischen Horror und Groteske: Bill auf dem Jahrmarkt – mit Clowns im Tim-Curry-Stil.

War ich von Es zwei Jahre zuvor noch rundherum begeistert, so kann ich nicht umhin, an Kapitel 2 einige Enttäuschungen festzustellen. Auf viele starke, berührende oder schockierende Szenen kommen unangenehm alberne Momente, und vom großen Finale hätte ich mir mehr Mut zu einer abstrakteren, krasseren Inszenierung gewünscht. Doch bleibt unterm Strich eine gut gelungene Verfilmung, der es überwiegend sehr gut gelungen ist, aus dem 1200-Seiten-Roman ein etwa fünfstündiges Film-Event zu machen.

Was bleibt, ist trotz allem eine frohe Botschaft: Mut zu finden ist eigentlich gar nicht so schwer, wenn man sich nichts zutraut – denn man hat ja auch nichts zu verlieren. Die Dämonen sind besiegbar – wenn man sich ihre Existenz eingesteht, und den Kampf aufnimmt. Auch im Angesicht von blutigen Morden, tragischen Lebensgeschichten und schrecklichen Traumata ist Es eine zutiefst positive, lebensbejahende Geschichte. Kaum ein Kampf kommt ohne Opfer und Verluste aus, doch am Ende steht eben die Erkenntnis, dass er nun einmal gekämpft werden muss – und gewonnen werden kann.

Auf einem Skateboard kann man nicht vorsichtig sein.

Es – Kapitel 2 läuft seit dem 5. September 2019 im Kino.
Es (Kapitel 1) ist in verschiedenen Heimvideoformaten und als Video on Demand verfügbar, für Es – Kapitel 2 ist die Heimvideo-Veröffentlichung für den 23. Januar 2020 geplant.

Noël

Und wieder sehe ich das kleine Kerlchen an, dass da so selbstbewusst, aber auch etwas verträumt auf meinem Sofa liegt. Ungefähr zwei Jahre soll er alt sein, schätzt man. Wissen kann man es nicht, denn alles, was Noël bis zur Weihnachtszeit 2018 erlebt hat, wird für immer ein Geheimnis bleiben.

Fest steht, dass er kurz vor dem Fest an einer Futterstelle des Vereins Artemis – Streunerhilfe in Marousi auftauchte. In diesem Vorort von Athen, Griechenland, so viele hundert Kilometer von hier entfernt, suchte er ein Plätzchen zum Schlafen und etwas Futter. Niemand weiß, wo er herkam und was er bis dahin erlebt hat. Er scheint den Mitarbeiterinnen des Vereins zu freundlich, zu naiv, um ein erfahrener Streuner zu sein – auch sein gepflegter Zustand weist darauf hin, dass der kleine, etwas dicke Kater ausgesetzt wurde. Wie er heißt, wann er geboren wurde – niemand weiß es. Zumindest kann man aufgrund seines Zustandes und seiner ungewöhnlichen Freundlichkeit und Anhänglichkeit davon ausgehen, dass es ihm dort, wo er herkam, nicht schlecht ging. Ob sein gelegentliches, etwas unappetitliches Niesen der Grund war, ihn auszusetzen, ob jemand seiner einfach überdrüssig wurde, oder ob es halbwegs vernünftige Gründe gab, sich von ihm zu trennen, wird ebenfalls ein Geheimnis bleiben – so oder so hätte allerdings auch der nachvollziehbarste und vernünftigste Grund, sein Haustier abzugeben kein kommentarloses Aussetzen gerechtfertigt.

Etwa zu selben Zeit betrauerte ich meinen Kater Kafka, bei dem Mitte Dezember mehrere Geschwüre diagnostiziert wurde, und der durch den Bastard Krebs buchstäblich von einem Tag auf den anderen aus dem Leben gerissen wurde. Schon Jahre vorher hatte ich beschlossen, einem neuen Kater oder einer Katze ein Zuhause zu geben, wenn eines Tages nur noch eines meiner Tiere übrig sein würde. Dieser Moment war mit Kafkas Tod gekommen. Der Verein Bochumer Katzenhilfe erschien mir als sinnvoller Ansprechpartner – ich wollte das Tier nicht einfach nach meinem persönlichen Geschmack auswählen, sondern ein Tier empfohlen bekommen, das Hilfe braucht, und gut zu Hide und mir passen würde. Dort vermittelte man mich an Artemis weiter. Der Verein arbeit seit 2013 in Marousi und konzentriert sich vor allem darauf, die dortige hohe Population an Streunerkatzen mit einem Kastrationsprogramm in den Griff zu kriegen. Zudem werden immer wieder Katzen, die aufgrund von Krankheiten, Behinderungen oder ganz allgemein ihres Wesens nicht für das Leben auf der Straße geeignet sind, aufgenommen, gepflegt, und vermittelt.

Zwei Katerchen kamen in Frage: Noël und Dionysos. Letzterer war ein goldiger roter Kater, der Kafka sehr ähnlich sah, und eine kleine Behinderung an der Pfote hatte.

Mich zwischen Dionysos und Noël zu entscheiden war eine der schwierigsten Entscheidungen meines Lebens: Beide Tiere hatten ein gutes Zuhause verdient, und wäre es nicht egoistisch, mich gegen den Kater mit der Behinderung zu entscheiden? Wäre es nicht aber andererseits genauso unvernünftig, mich allein aus Mitleid FÜR ihn zu entscheiden, wenn ich riskierte, seinen Bedürfnissen vielleicht nicht gerecht werden zu können? Das waren die Gedanken, die mir durch den Kopf gingen. Letztlich entschied ich mich, nicht ohne einen Anflug von schlechtem Gewissen, für Noël. Wie man mir sein Wesen und sein Verhalten schilderte ließ mich vermuten, dass er rein charakterlich tatsächlich besser zu Hide passen würde. Außerdem konnte ich ja wirklich nicht sicher sein, ob ich Dionysos die Pflege und Aufmerksamkeit zukommen lassen konnte, die er mit seinem Pfötchen benötigte. Und noch ein Argument war wichtig: Dionysos brauchte noch eine Menge Pflege vor Ort, und würde wohl erst im April oder Mai zu uns kommen – ich wollte aber, dass Hide möglichst schnell wieder Gesellschaft bekommt, so dass er sich nicht ans Alleinsein gewöhnt.

Einige Wochen vergingen noch, in denen ich mit Doris von Artemis in Kontakt stand, immer wieder über Noëls (und auch Dionysos‘) Zustand informiert und mit vielen liebenswerten Bildern und Videos versorgt wurde. Und dann stand irgendwann der Termin fest: Am 25. Februar, dem Tag, den ich später zu Noëls Geburtstag erklären würde, sollte er zusammen mit drei weiteren, teilweise bereits vermittelten Katzen die Reise antreten. Sieben Stunden wurde er in seinem Körbchen zu Fuß, mit dem Auto und dem Flugzeug durch die Gegend transportiert, bis wir uns dann am Düsseldorfer Flughafen zum ersten Mal sahen.

Drei Monate sind seitdem vergangen, und Noël hat sich gut eingelebt. Ich glaube nicht, dass er und Hide jemals ein so enges Verhältnis aufbauen wie es einst Hide und sein Bruder Kafka hatten – aber es klappt mit den beiden immer besser. Sie gehen sich meist noch aus dem Weg, manchmal prügeln sie sich auch ein wenig, aber keiner hat Angst oder Aggressionen dem anderen gegenüber. Manchmal putzen sie einander, manchmal liegen sie aneinandergedrückt auf dem Sofa – und dann fliegen wieder Fellfetzen.

Hide ist jetzt fast fünfzehn Jahre alt. Er hat in den letzten Monaten sichtbar abgenommen, ist aber laut Arzt in einem altersgemäß guten Zustand. Noël niest immer wieder mal, und wird damit vermutlich auch nicht mehr aufhören. Außerdem hat er kleine Deformationen an einer Zehe und seiner Schwanzspitze – beides aber völlig harmlos.

Ich hoffe, uns dreien sind noch einige gemeinsame Jahre beschieden. Und wenn Hide uns irgendwann einmal verlassen muss, werden wir wieder einen Streuner willkommen heißen.

„Marvel Neustart“ im Mai: Zombie-Rentner im Kaufhaus

Reboots sind im Superhelden-Genre gang und gäbe – diesmal zieh ich’s durch und lese absolut alles, was unter dem aktuellen Label „Marvel Neustart“ veröffentlicht wird. Für die folgenden Zusammenfassungen nehme ich die Perspektive eines Comic-Einsteigers ein, denn für diese sind solche Reboots ja angeblich gedacht …

Jagd auf Wolverine #2

Nach dem letzten Post habe ich zum ersten Mal Kommentare bekommen. Nee, nicht hier – sondern im Real Life. Ich mag Wolverine nicht? Skandalös! 😉

Was ich aber mag, ist weiterhin diese Comic-Serie, in deren zweitem Teil sogar Domino auftaucht. Allein, Band 2 verliert sich in Nebengeschichten, greift die Suche noch Wolfgang erst am Ende wieder richtig auf. Und NATÜRLICH bedeutet „Band 2 von 2“ nicht, dass die Story hier zu Ende ist, sondern, dass sie in der nächsten Serie weitergeht.

Deadpool #5

Deadpool bekommt es in einem Kaufhaus mit Zombie-Omas und -Opas zu tun, die der Bösewicht Black Talon beschworen hat. Witzige Story, die hauptsächlich dazu dient, sich über Black Talons Hühnchen-Kostüm zu amüsieren.

Eine Cable-Story ist auch dabei, und Oh Gott! ist mir die egal.

Spider-Man #6

Die Diebesgilde aus dem letzten Teil wird immer frecher, also tut sich Spidey mit Black Cat zusammen, die zwar auch eine Diebin ist, aber halt nicht ganz so schlimm. Oh, und sie war mal seine Ex, und MJ macht sich Gedanken, ob sie ihrem Peter wohl genügt oder ob Black Cat vielleicht besser zu ihm passen würde. Liebes-Schischi halt. Ich mag kein Liebes-Schischi in meinen Superhelden-Comics (außer bei Tony und Pepper).

Aber immerhin: Spidey erzählt von neulich, als er mal in zwei Spidey zerteilt wurde – damit ist dann endlich klar, dass „Peter Parker – Spider-Man“ also doch in diese Kontinuität gehört.

Avengers #6

Der Kampf gegen die Defenders Of The Deep ist in vollem Gange, da mischen sich noch diverse andere Superhelden-Teams ein. Loki guckt aus einer Parallel-Dimension zu, Wolverine ist dort auch am Start (während in anderen Büchern noch nach ihm gesucht wird), und so wirklich im Gedächtnis geblieben ist mir eigentlich nur, dass die Sowietischen Helden sich rühmen, den „betrunkensten Bären der Welt“ im Team zu haben. Будем здоровы! (Das hab ich gegooglet und übernehme keine Garantie für die Richtigkeit)

Peter Parker – Spider-Man #2

Das Schöne: Dank des Rückblicks auf den ersten Band habe ich nun endlich halbwegs verstanden, worum es bei eben jenem ging. Dieser zweite ist jetzt auch etwas weniger verwirrend: Spidey stellt sich gemeinsam mit seiner Schweste Aliens, besiegt sie, und alles wird gut. Schöne Sache. Danach noch ne langweilige Kurzgeschichte, in der Spidey und Sandman sich eigentlich nur unterhalten, kurz darauf im Weltraum sind, und dann ihrer Wege gehen. In einer letzten, sehr kurzen Story erzählen dann einige Leute davon, was sie von Spidey halten. Dabei stirbt unbeabsichtigt ein Kind, und hier ist nun wirklich gar nichts mehr albern oder wirr, dieses kurze erzählerische Highlight ist ein verdammter Schlag in die Magengrube.

Mr & Mrs X #1

Noch ein „Neustart“, mit einem „Band 1“, der schon im Vorwort auffordert, erstmal dies, das und jenes zu lesen. Vergiss es, ich will aktuelle Storys, keine Geschichtsstunde. Daher ohne Tamtam: Rogue und Gambit von den X-Men haben geheiratet, erhalten während ihrer Flitterwochen einen Notruf, und müssen nun die gentechnisch erzeugte Tochter von Professor X retten. Nicht weiter spektakulär, wird aber witzig, weil den beiden die ganze Zeit Deadpool am Rockzipfel hängt.
Allerdings: Das abwechselnde Gezicke oder Gerturtele der beiden Frischvermählten nervt gewaltig. Sind alle neu Verheirateten so? Dann lass ich zukünftig lieber die Finger von Hochzeits-Comics.
Pluspunkte, weil Gambit drei Katzen hat.

Fazit:

Während ich einerseits erst vor Kurzem die Marvel-Filme komplett und vollständig gesehen habe, und ihnen sehr, sehr viel Begeisterung entgegenbringe, tue ich mich mit den Comics auch nach einem halben Jahr noch schwer. Nennt mich spießig, aber in erster Linie fehlen mir klassische Erzählstrukturen. Die Nachwirkungen eines harten Deutsch-Unterrichts in der Schule? Keine Ahnung. Ich mache trotzdem tapfer weiter, denn es gibt auch weiterhin schöne Highlights!